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Das aramäische Vaterunser

Wie ich im Blogartikel Ein frischer Blick auf das Unservater beschrieben habe, bekommen wir einen völlig neuen Zugang zum Vaterunser, dem Gebet, das Jesus uns gelehrt hat, wenn wir es von seiner Muttersprache, dem Aramäischen, neu übersetzen. Hier, im Aramäischen, beginnt das Gebet mit abwûn. Insofern heisst es auch das ABWUN.

Auf eine kleine, unbedeutende Besonderheit möchte ich noch hinweisen: Die Schweizer Reformierten beginnen das Gebet mit «Unser Vater im Himmel». Darum heisst es bei uns auch das UNSERVATER. Lutheraner und Katholiken hingegen beten «Vater unser im Himmel». Die Mehrheit der Christen spricht darum vom VATERUNSER, weshalb ich diese Schreibweise gewählt habe.

Wer einen ersten Eindruck von der ganzheitlichen Kraft des aramäischen Vaterunsers bekommen möchte, dem empfehle ich folgende Übung: Lass das ABWUN durch deine Stimme erklingen, indem du mit dem a- einatmest und mit -bwun ausatmest. Der Urvokal «A» repräsentiert dabei den Anfang von allem, was ist. Es ist der ewige Urlaut, der in einem Akt der Schöpfung, mit dem Laut «BW», etwas neues erzeugt, aus sich heraussetzt und dadurch eine neue Welt mit neuem Leben gebiert. Darin ähnelt diese lautmalerische Kontemplation dem wichtigsten vedischen Mantra AUM beziehungsweise OM. Ob sich hier ein tieferer Zusammenhang auftut, überlasse ich dem Leser.

Wie das ABWUN, das Vaterunser auf Aramäisch, etwa klingt, zeigt diese von mir aufgezeichnete Kostprobe:

In Anlehnung an Neil Douglas-Klotz und Rocco A. Errico präsentiere ich folgenden Wortlaut, indem ich jeder Zeile die aramäische Transkription voranstelle (kann auch als pdf-Datei heruntergeladen werden, zusätzlich mit Englischer Übertragung):

Abwûn d’bwaschmâja

O Erzeuger des Kosmos, Gebärerin des Lebens,

atmendes Leben in allem, Ursprung des schimmernden Klanges!

Du scheinst in uns und um uns,

selbst die Dunkelheit leuchtet, wenn wir uns erinnern.

***

Nethkâdasch schmach

Hilf uns einen heiligen Atemzug zu atmen

bei dem wir nur Dich fühlen –

und Dein Klang in uns erklinge und uns reinige.

***

Têtê malkuthach

Lass Deinen Rat unser Leben regieren

und unsere Absicht klären für die gemeinsame Schöpfung.

***

Nehwê tzevjânach aikâna d’bwaschmâja af b’arha

Möge der brennende Wunsch Deines Herzens

Himmel und Erde vereinen durch unsere Harmonie.

***

Hawvlân lachma d’sûnkanân jaomâna

Gewähre uns täglich, was wir an Brot und Einsicht brauchen:

das Notwendige für den Ruf des wachsenden Lebens.

***

Waschboklân chaubên (wachtahên) aikâna daf chnân schvoken l’chaijabên

Löse die Stränge der Fehler, die uns binden, genauso,

wie wir loslassen, was uns bindet an die Schuld anderer.

***

Wela tachlân l’nesjuna ela patzân min bischa

Lass oberflächliche Dinge uns nicht irreführen,

sondern befreie uns von dem Bösen und aller Ungerechtigkeit.

***

Metol dilachie malkutha wahaila wateschbuchta l’ahlâm almîn

Aus Dir kommt der allwirksame Wille

 die lebendige Kraft zu handeln

 das Lied, das alles verschönert

und sich von Zeitalter zu Zeitalter erneuert.

***

Amên

Wahrhaftig – Lebenskraft diesen Aussagen!

Mögen sie der Boden sein, aus dem all unsere Handlungen erwachsen.

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